Bist du wieder ganz heil?
Als der Gips wieder herunten war, fragte mich meine Großmutter: „Bist du wieder heil?“ Ich antwortete irgendwas wie: „Alles wieder gut!“ und humpelte mit meiner Adlerfeder in den Haaren im Garten herum! Nur war wirklich alles wieder heil und gut? Ich muss so fünf Jahre alt gewesen sein, bewaffnet mit einer Portion Riesenabenteuermut, als ich in den Holzschuppen ging um mir eine Riesenleiter zu holen. Auf zum schmiedeeisernen Tor bei der Einfahrt!
Das Tor hatte Verschnörkelungen und blumenartige Gebilde, war uralt, schwarz, scharfkantig, rostig und mit einer Besonderheit die ich nicht bedachte: Es ist beweglich. Ich karrte also die Leiter hin, stellte diese auf den sandigen Untergrund und setzte an. Soweit so gut. Dann stapfte ich Sprosse für Sprosse hinauf um diese wunderschönen rosenartigen Gebilde am oberen Ende des Tores näher anzusehen. Der Wunsch, das zu tun, war ja schon immer dagewesen, nur jedes Mal, wenn ich darum bat, bekam ich nur ein knappes „später einmal“ zu hören.
Dann ging alles sehr schnell: Ich auf der letzten Sprosse, die Leiter auf dem sandigen Boden fing an zu rutschen - gleichzeitig gab das Tor in die andere Richtung nach. Dann rasierte mir eine Eisenrose einen feinen Cut am Kopf (Narbe noch heute sichtbar). „Was ist das für ein dicker und warmer Saft, schmeckt irgendwie nach rostigen Eisennagel, das mir da gerade runterläuft“ dachte ich mir noch kurz. Dann schlug ich am Boden auf. Vorher verhedderte sich das Bein in einer Sprosse, bevor diese mit mir zu Boden krachte.
Mein Glück war, dass dieses Ereignis kurz vor Mittag passierte und da ich nach mehrmaligen Rufen meines Vaters nicht erschien, fanden sie mich sehr schnell.
An den Blick meines Vaters kann ich mich noch gut erinnern, was wollte dieser Blick mir sagen, oder besser gefragt warum mache ich mir überhaupt Gedanken, was die anderen über mich denken?
Fortsetzung folgt