kürzlich habe ich in der U-Bahn eine Szene beobachtet, die etwas nachdenklich stimmt: Zwei Musiker spielten Feliz Navidad, musikalisch wirklich überzeugend. Dennoch reagierte kaum jemand. Kein Umdrehen, kein Blickkontakt, keine erkennbare Resonanz , als würde im Raum nichts stattfinden.
Diese Beobachtung wirft eine grundsätzliche Frage auf. Im öffentlichen Raum scheint es für viele Menschen selbstverständlich geworden zu sein, möglichst unsichtbar zu bleiben und andere ebenfalls nicht wahrzunehmen. Nicht aus Unhöflichkeit, sondern als erlernte Form von Distanz und Selbstschutz.
Gleichzeitig wird von genau diesen Menschen erwartet, im Ernstfall Zivilcourage zu zeigen: hinzuschauen, Stellung zu beziehen, einzugreifen. Das wirkt widersprüchlich.
Wenn im Alltag kaum Reaktion auf etwas Positives und Unverfängliches erfolgt, wie leicht fällt es dann, in konfliktgeladenen oder bedrohlichen Situationen sichtbar zu werden?
Vielleicht beginnt Zivilcourage nicht erst im Ausnahmefall, sondern im Kleinen: beim Wahrnehmen, beim kurzen Blick, beim Anerkennen dessen, was andere in den öffentlichen Raum einbringen.
Die Szene in der U-Bahn war harmlos und sollte eigentlich die Menschen erfreuen und selbst das erzeugte weder Resonanz noch Wahrnehmung .
Ich finde diese gesellschaftliche Entwicklung sehr bedenklich , denn wenn schon positives ignoriert wird , wie sieht es dann in umgekehrten Falle aus 🫤