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  • Würden wir uns das ins Gesicht sagen?

    Diskussion · 44 Beiträge · 1 Gefällt mir · 1.190 Aufrufe
    Thomas Kissing aus Düsseldorf

    Warum diskutieren wir hier eigentlich – und wie verändert die Schriftform unsere Gespräche?

     

    Mir geht schon länger eine Frage durch den Kopf: Warum erstellen wir überhaupt Diskussionen und warum antworten wir auf sie? Was suchen wir dabei – Austausch, Bestätigung, neue Perspektiven, Unterhaltung?

     

    Spannend finde ich vor allem den Unterschied zwischen einer schriftlichen Diskussion hier im Forum und einer persönlichen Diskussion im echten Leben:

     

    • Würde man in einem direkten Gespräch wirklich das Gleiche äußern, oder traut man sich schriftlich mehr?
    • Kommt man überhaupt zu Wort, wenn man nicht so extrovertiert ist – oder bietet die Schriftform genau dafür eine Chance?
    • Gleichzeitig ist eine schriftliche Diskussion immer eine Einbahnstraße. Es fehlt an Zwischenmenschlichkeit, an Mimik, Tonfall, spontaner Reaktion.

     

    Und noch ein paar Gedanken dazu:
     

    • Was passiert mit Menschen, die sich schriftlich nicht so gut ausdrücken können – werden sie übersehen oder nicht ernst genommen?
    • Dominiert jemand, der besonders wortgewandt schreibt, automatisch die Diskussion?
    • Sind kurze Kommentare weniger wert als lange Beiträge?
    • Und spielt das Alter eine Rolle – würden wir im echten Leben genauso selbstverständlich mit Menschen aus ganz anderen Generationen diskutieren?

     

    Mich interessiert, wie ihr das seht. Warum beteiligt ihr euch an Diskussionen – und was macht für euch eine gute Diskussion hier in der schriftlichen Form aus?


    Thomas Kissing 

    16.08.25, 11:16

Beiträge

  • 16.08.25, 19:50

    Auf deine Frage-

    - Was macht eine gute schriftliche Diskussion aus?

    Eine starke Diskussion braucht mehr als nur Meinung – sie lebt von:

    Klaren Argumenten: Gut begründet, mit Beispielen oder Fakten untermauert.
    Sie lebt von einer Struktur die nachvollziehbar ist. Respekt: Sachlich bleiben, andere Meinungen ernst nehmen, keine Angriffe 

    Dialogbereitschaft: Auf andere eingehen, Fragen stellen, Gemeinsamkeiten suchen.

    Wer diskutiert, sollte nicht nur überzeugen wollen – sondern  vor allem auch bereit sein, zuzuhören. 

     

  • 16.08.25, 13:32

    Zu schreiben ist für mich die sachlichere Diskussionsform und die, bei der man Zeit hat zu überlegen, die Worte abwägen kann/könnte... 

    Man kann den anderen mehrmals lesen, eh man antwortet. Zudem kann man erst dann schreiben, wenn es einem besser zu mute ist um die Diskussion fortzusetzen. 
    Ein weiterer Vorteil, man kann alles sagen ohne unterbrochen zu werden. Schriftlich kann man nicht angeschrien werden und ist in Sicherheit, auch wenn das Gegenüber explodiert, der nicht sachlich bleiben kann.

     

    Schriftlich kann man sich auf den Inhalt konzentrieren. 
     

    In persönlichen Gespräche ermüde ich schneller, Körpersprache, Mimik, Ton, Worte aufnehmen und kombinieren, gleichzeitig eigene Worte, Ton und Mimik beisteuern, in Echtzeittempo, ausfiltern von Umgebungsgeräuschen.

     

    Mir hat es gut getan, hier zu schreiben, denn ich konnte mir viele Gedanken machen. Mir eine härtere Schale wachsen lassen, die mir fehlte. Wie du Thomas sagst, finde ich den Austausch mit Menschen aus 3 Länder, diverse Altersklassen, Gesellschaftsschichten, verschiedene Berufe sehr spannend. 
     

    ich mag auch das lesen, was weniger Wortgewandte schreiben, je mehr diverse Meinungen, desto vielfältiger wird es. 

  • 16.08.25, 13:29

    Einige fragen lassen sich wohl nur subjektiv beantworten. Aber ich geh mal von generell zu persönlich 😉

     

    Um so anonymer (Internet, Foren etc.), umso mehr sind Menschen gewillt, Dinge zu äussern, bei denen sie ansonsten fürchten, verurteilt zu werden. Das gilt auch für das "sich einem Fremden im Zug anzuvertrauen". Leider fühlen sich aber viele dadurch auch nicht mehr an die Etikette gebunden.

    Da würde ich behaupten, umso "selbstsicherer", umso eher äussert jemand dieselben Dinge Auge in Auge.

    Das gilt aber vermutlich auch, wenn jemand von seinen Werten zu einem gewissen Thema überzeugt ist.

     

    Aus Gesprächen mit Authisten weiss ich, dass sie oft in schriflicher Form weniger Mühe haben sich auszudrücken, weil sie dann von gewissen Erwartungen befreit sind (z.b. in die Augem schauen)

    Das gilt vermutlich aus anderen Gründen auch für neurotypische Menschen (z.b. Zeit zum nachdenken, bevor man antwortet).

     

    Wenn man sich schriftlich nicht so gut ausdrücken kann, wird man evtl. übersehen, ja, aber dann bleibt einem ja das persönliche Gespräch. Wenn man sich da auch nicht gut ausdrücken kann ist es vermutlich generell schwierig. Aber da werden die Gründe so unterschiedlich sein, dass ich mich frage, ob man dazu eine generelle Aussage machen kann.

     

    Wortgewandte Menschen dominieren die Diskussion nicht unbedingt, denn normalerweise geht es sofort um Werte und da dominieren oft die, welche für ihre Werte die meiste Zustimmung erhalten.

     

    Kurze Antworten sind aus meiner Meinung nach nicht unbedingt schlechter, aber wenn jemand so viele Fragen stellt, ist es schwierig kurz darauf zu antworten, wenn man nicht nur einzelne Punkte berücksichtigen will 😉

     

    Für mich spielt das Alter überhaupt keine Rolle, das mache ich auch persönlich, aber das ist nun vermutlich absolut subjektiv.

  • Stellt euch vor, man sitzt mit ein paar Leuten an einem Tisch. Manche reden viel, andere hören lieber zu. Wenn man selbst eher leise ist, besteht die Gefahr, gar nicht zu Wort zu kommen. In einer schriftlichen Diskussion ist das anders: hier kann jeder jederzeit einen Beitrag verfassen. Doch genau das macht es für mich auch seltsam – es bleibt eine Einbahnstraße. Ich schreibe etwas, warte auf eine Antwort, und oft fehlt dabei das, was ein Gespräch lebendig macht: der Blickkontakt, ein Lächeln, ein Stirnrunzeln oder ein spontanes Lachen.

     

    Mir kommt manchmal der Gedanke: Wer sich gut ausdrücken kann, hat hier einen riesigen Vorteil. Er schreibt einen langen, durchdachten Text – und andere nicken vielleicht still, ohne zu widersprechen. Wer dagegen nur ein paar Worte tippt oder sich schwer tut mit Sprache, geht schnell unter. Sind diese kurzen Kommentare deshalb weniger wert? Oder übersehen wir vielleicht Stimmen, die im direkten Gespräch viel stärker wären?

     

    Und dann noch ein anderer Aspekt: das Alter. Online kann es passieren, dass man sich mit Menschen austauscht, die zwanzig oder dreißig Jahre jünger oder älter sind. Würde man sich im echten Leben genauso an einen Tisch setzen und über dieselben Dinge reden? Ich bin mir nicht sicher.

     

    Dazu kommt, dass hier Menschen aus ganz unterschiedlichen Ländern miteinander schreiben – aus Deutschland, Österreich, der Schweiz. Allein dadurch prallen unterschiedliche kulturelle Hintergründe und Ausdrucksweisen aufeinander. Was in einem Land als humorvoll gilt, wird im anderen vielleicht schnell missverstanden. Das schafft eine ganz eigene Dynamik, die man in einer rein lokalen Gesprächsrunde so gar nicht hätte.

     

    All diese Unterschiede zwischen schriftlicher und mündlicher Diskussion machen mir bewusst, wie sehr die Form die Inhalte prägt. Eine Diskussion hier ist niemals dasselbe wie ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht – und trotzdem kann beides wertvoll sein, auf ganz unterschiedliche Weise.


    Thomas Kissing 

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