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  • Gibt es auch heute eine weit verbreitete Sinnkrise?

    Diskussion · 91 Beiträge · 3 Gefällt mir · 1.396 Aufrufe

    Viktor Frankl sprach in seinen Büchern vor rund 50 Jahren von der "Massenneurose existenzielles Vakuum" und meinte damit eine extrem weit verbreitetes Fehlen von Sinn im Leben vieler Menschen. Ich frage manchmal Menschen - wenn ich das Gefühl habe es passt - nach ihrem Sinn im Leben und bin erstaunt, dass die meisten es nicht spontan sagen können (es können übrigens ja auch mehrere Sinnschwerpunkte sein - siehe die Sinnquadrat Theorie). 

     

    viktor-e-frankl.jpg

     

    Natürlich gibt es Menschen, die ohne Sinn leben und nicht unzufrieden sind (Tatjana Schnell nennt sie die "existenziell indifferenten"), die machen halt, "was man so macht". Das nennt wiederum Viktor Frankl Konformismus, und sieht darin eine Gefahr, genauso wie er Sucht, Aggression, Depression als negative Konsequenz eines fehlenden Sinns sieht. Und er nannte natürlich auch Totalitarismus (man macht nur mehr, was andere von einem wollen) als Gefahr.

     

    Deshalb also meine Frage. Ich habe auch den Eindruck dass die Smartphonesucht und das Bingewatching von Serien Ausdruck einer Sinnkrise sind (s.o.: Sucht). Wenn man sich heutzutage nicht mit dem Sinn befassen will, scrollt man einfach im Smartphone herum, sieht sich Videos an, spielt ein Handyspiel, verschickt Nachrichten und Emojis (Viktor Frankl erwähnte auch "Tratschsucht").

     

    Was meint ihr? Speziell wenn ihr auch spontan gar nicht sagen könnt, was der Sinn in Eurem Leben ist? Ist "im hier und jetzt leben" eine Kapitulation vor einem längerfristigen Sinn (und eine Absage an ein enkeltaugliches Leben, in dem wir an die nächste Generation denken)?

     

    Und ist das Interesse an "Spiritualität" nicht in Wirklichkeit eine Sinnsuche?

     

    19.07.25, 08:36 - Zuletzt bearbeitet 19.07.25, 08:39.

Beiträge

  • 19.07.25, 13:37

     

    Mandi:

     

    Das Sinnlosigkeitsgefühl ist noch viel stärker geworden seit damals. Konsum - materiell und virtuell - soll dieses Gefühl zudecken, damit die Menschen nicht revoltieren.

     

    Woran machst du fest, dass es (das Sinnlosigkeitsgefühl) heute "viel stärker geworden" sei? 

     

    Und den Sinn kann jeder Mensch ja nur für sich selbst finden, insofern frage ich mich, wer definiert das, was zugedeckt werden "soll"? Wenn man deine Worte liest, könnte man denken, es gäbe einen"Auftraggeber", an wen denkst du da?

     

     

  • 19.07.25, 12:05

    In den weltweit 5 blauen Zonen, in denen die Menschen vermehrt 90 Jahre und mehr werden, haben sich Marker herauskristallisiert, die es braucht um geistig und körperlich so lange weitgehend gesund alt zu werden. 
    Darunter sind auch der Sinn im Leben UND die Spiritualität. 
    Der Sinn ergibt sich nämlich sehr oft erst aus der Spiritualität. (nicht zu verwechseln mit Esoterik)
    In meinem Buch, mit dem provokanten Titel > Gesünder alt, länger jung < habe ich für uns, die wir in keiner blauen Zone leben, genau beschrieben was es alles dafür braucht und dass es trotzdem möglich ist, so gesund zu leben und zu altern. 

  • 19.07.25, 11:51

     

    Andlä:

    Mit der Schnelllebigkeit unserer Zeit und durch die daraus resultierende Verlagerung weg von Intuition (Bauch) zu Ratio(kognitives Denken) befinden sich die Menschen mehrheitlich auf den Ebenen (nach Dilts) von Umwelt, Verhalten, Fähigkeiten und vielleicht noch wenns hoch kommt Werte und Glaubensätze.. Um aber zu der Sinnfrage zu kommen und sich mit dieser Auseinander zu setzen, Bedarf es den Wechsel zumindest auf die Selbstebene und da regiert nicht Ratio. Wir als Menschheit haben (lange) verlernt auf unser Bauchgefühl zu hören.. Weil wir überlagert werden von Social Media und dem Bedürfnis unser selbst kreiiertes Schlaraffenland (die Verfügbarkeit aller Dinge zu jeder Zeit) zu erhalten inkl der Nährung der unbewussten Angst im Leben etwas zu verpassen. 

    Momentan Bedarf es noch, der Verweigerung unseres Körper wie zum Beispiel Burnout oder anderer Krankheiten um den Reset-Knopf zu drücken um uns dies bewusst zu machen. Dadurch erhält unser Unterbewusstsein Raum, Zeit und die nötige Aufmerksamkeit um zu er und an zuerkennen aber vorallem um zu akzeptieren und los zulassen. Einigen gelingt das auf Anhieb, andere durchlaufen den Prozess mehrmals.. andere schaffen es nie und kehren zurück in ihr Vertrautes... Ich wünsche mir, dass wir es vermehrt schaffen uns wieder zu dem zu entwickeln was wir sind.. Zu intuitiv fühlenden einzigartigen Menschen. 

    Und ich sehe da bereits schon eine Tendenz dazu und das sich Einige schon bereits auf den Weg dort hin aufgemacht haben. 

    Das macht mir persönlich Hoffnung auch wenn es noch viel Zeit braucht. 

     

    Betreffend der Frage ist Spiritualität nicht in Wirklichkeit eine Sinnsuche.. 

    Würde ich subjektiv sagen nein. Spiritualität geht über uns hinaus.. Ist grösser.... bezieht alles und jedes mit ein.. Und befindet sich meines Erachtens auf der Ebene des höheren Ich's der Vision oder wie auch man immer die oberste Ebene benennen will. Aber die Suche nach der Sinnfrage des eigenen Lebens und dann im nächsten Schritt der Sinn allen Lebens ist für mich der Schritt in die Spiritualität des nicht greifbaren oder sichtbaren aber spürbaren. 

    Da kann ich jeden Satz mitgehen 👌

  • 19.07.25, 11:20 - Zuletzt bearbeitet 19.07.25, 12:12.
    Bild_2025-07-19_112607959.png

    Gibt es auch heute eine weit verbreitete Sinnkrise?

    Ich meine NEIN insofern, als dass es immer schon zu allen Zeiten Menschen gegeben hat, die keinen Sinn in ihrem Leben "finden". Und einerlei, von welcher Seite man die vermeintlich tiefgreifende Frage (philosophisch, religiös, tiefenpsychologisch, biologisch/evolutionär) nach DEM Sinn des Lebens betrachtet, erschließt sich mir die Antwort "EINFACH SO" am meisten, wenn man das Leben als ein großes Glück begreift, was einem zuteil geworden ist. Wenn man das Leben also nicht als sinnHINTERFRAGEND-, denn als einen glücklichen Umstand begreift - ja als ein großes SICH AUFBRAUCHENDES Geschenk, welches man ohne Verdienst erhält - stellt man sich diese Frage nicht mehr, sondern nimmt es an und weiß es zu würdigen, "aufzubrauchen"!

    Ich wünsche allen Sinnsuchenden Erfüllung!

    PeterSilie

  • 19.07.25, 11:03

    Ich wäre da skeptisch. In der Psychologie hat sich seit Frankl sehr viel geändert. Zu Hypothesen gibt es oft Alternativen und mehr oder weniger gute Belege. Bei Sucht, Agression und Depression fällt mir das leicht: Sucht hat etwas mit Substanzen zu tun, die aus verschiedenen chemischen Gründen ein Suchtpotenzial haben. Aggression ist ein riskantes, aber teils adaptives Sozialverhalten, dass auch viele Tiere am den Tag legen, die kein Gehirn haben und unwahrscheinlich nach einen Sinn suchen. Depression ist möglicherweise ebenso adaptiv.

     

    Zur Smartphonesucht: Smartphones sund wohl gut darin, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Weil es ja so interessant ist, was Leute auf GE so schreiben.

     

    Die Idee eines Sinns im Leben stammt möglicherweise von unserem Drang uns zu rechtfertigen. Der Psychologe David Pinsof vertritt zum Beispiel diese Ansicht. Es ist gut für unser Sozialleben, glaubhaft behaupten zu können, dass unsere Lebensweise sinnvoll sei. Sonst meint noch jemand wir sollten unsere Gewohnheiten ändern, oder wär wären nutzloser Ballast für die Gruppe. Leute, die viel über den Sinn des Lebens nachdenken, so Pinsof, sind solche, die gut im rationalisieren sind.

  • 19.07.25, 10:38

    Sinnkrise (negativ):

     

    - Überfluss an Möglichkeiten: Nie zuvor gab es so viele Optionen – beruflich, persönlich, digital. Das kann inspirierend sein, aber auch überfordern und zu innerer Leere führen.

     

    - Verlust klarer Orientierung: Traditionelle Lebensmodelle verlieren an Bedeutung. Viele fragen sich: „Was zählt wirklich?“

     

    - Digitale Vergleichskultur: Social Media verstärkt den Druck, „perfekt“ zu sein. Wer sich ständig vergleicht, verliert leicht das Gefühl für den eigenen Weg.

     

    - Arbeit ohne Erfüllung: Hohe Leistungserwartung und wenig Sinnstiftung im Job führen oft zu Entfremdung und Burnout.

     

    - Tabu rund um Gefühle: Trotz Offenheit bleibt die Auseinandersetzung mit tiefer existenzieller Unsicherheit oft eine einsame Angelegenheit.

     

    Positiv: Gleichzeitig erwacht ein neues Bewusstsein für Sinnfragen: Mehr Menschen suchen nach authentischen Lebensmodellen, Achtsamkeit, Gemeinschaft und innerem Wachstum. Vielleicht steckt in der Krise ja auch ein Funke Neuausrichtung...🙏

     

     

  • Nun, es ist gut zu wissen, dass es darin keinen Sinn gibt

    das erspart es uns, ihn suchen zu müssen

  • 19.07.25, 09:57 - Zuletzt bearbeitet 19.07.25, 10:10.

    Mit der Schnelllebigkeit unserer Zeit und durch die daraus resultierende Verlagerung weg von Intuition (Bauch) zu Ratio(kognitives Denken) befinden sich die Menschen mehrheitlich auf den Ebenen (nach Dilts) von Umwelt, Verhalten, Fähigkeiten und vielleicht noch wenns hoch kommt Werte und Glaubensätze.. Um aber zu der Sinnfrage zu kommen und sich mit dieser Auseinander zu setzen, Bedarf es den Wechsel zumindest auf die Selbstebene und da regiert nicht Ratio. Wir als Menschheit haben (lange) verlernt auf unser Bauchgefühl zu hören.. Weil wir überlagert werden von Social Media und dem Bedürfnis unser selbst kreiiertes Schlaraffenland (die Verfügbarkeit aller Dinge zu jeder Zeit) zu erhalten inkl der Nährung der unbewussten Angst im Leben etwas zu verpassen. 

    Momentan Bedarf es noch, der Verweigerung unseres Körper wie zum Beispiel Burnout oder anderer Krankheiten um den Reset-Knopf zu drücken um uns dies bewusst zu machen. Dadurch erhält unser Unterbewusstsein Raum, Zeit und die nötige Aufmerksamkeit um zu er und an zuerkennen aber vorallem um zu akzeptieren und los zulassen. Einigen gelingt das auf Anhieb, andere durchlaufen den Prozess mehrmals.. andere schaffen es nie und kehren zurück in ihr Vertrautes... Ich wünsche mir, dass wir es vermehrt schaffen uns wieder zu dem zu entwickeln was wir sind.. Zu intuitiv fühlenden einzigartigen Menschen. 

    Und ich sehe da bereits schon eine Tendenz dazu und das sich Einige schon bereits auf den Weg dort hin aufgemacht haben. 

    Das macht mir persönlich Hoffnung auch wenn es noch viel Zeit braucht. 

     

    Betreffend der Frage ist Spiritualität nicht in Wirklichkeit eine Sinnsuche.. 

    Würde ich subjektiv sagen nein. Spiritualität geht über uns hinaus.. Ist grösser.... bezieht alles und jedes mit ein.. Und befindet sich meines Erachtens auf der Ebene des höheren Ich's der Vision oder wie auch man immer die oberste Ebene benennen will. Aber die Suche nach der Sinnfrage des eigenen Lebens und dann im nächsten Schritt der Sinn allen Lebens ist für mich der Schritt in die Spiritualität des nicht greifbaren oder sichtbaren aber spürbaren. 

  • 19.07.25, 09:47 - Zuletzt bearbeitet 19.07.25, 10:11.

    "Der Sinn des Lebens ist, es weiterzugeben.

    Der Sinn des Lebens ist es, weiterzugeben.

    Nicht ewig zu leben.

    Nicht wieder zu leben."

     

    Mich hat immer gewundert, wie Viktor Frankl in den 1970ern "Das Leiden am sinnlosen Leben" schreiben konnte. Dass dieses Sinnlosigkeitsgefühl damals schon so stark war. Mit noch starken Kirchen und Parteien und familiären Bindungen.

     

    Das Sinnlosigkeitsgefühl ist noch viel stärker geworden seit damals. Konsum - materiell und virtuell - soll dieses Gefühl zudecken, damit die Menschen nicht revoltieren.

  • 19.07.25, 09:40 - Zuletzt bearbeitet 19.07.25, 09:47.

    Auf die Gefahr hin, wieder ziemlich an zu ecken, möchte ich dich doch im letzten Satz etwas widersprechen. Ich empfinde Spiritualität nicht als Sinnsuche, für mich ist es mehr die Verantwortung über sein Leben und Handeln abgeben an eine nicht beweisbare höhere Macht. Oder wird als Grund verwendet um andere Menschen zu verurteilen als mindere Wesen.

     

    Achtsames wahrnehmen mit allen Sinnen ist eher bei Dankbarkeit und Eigenwahrnehmung anzusiedeln als bei Spiritualität. Und zum Glück heutzutage In.

     

    Philosophieren empfinde ich eher als Sinnsuche, da bin ich eher anzutreffen.

     

    Was das Komaglotzen (Bingewatching) angeht, da muss ich sagen, dass ich manchmal ganz bewusst Serienmaraton betreibe um das Gehirn auf Durchzug zu stellen, weil mir die Welt manchmal ziemlich Angst macht. 

    Manfred Spitzer schrieb das Buch „Digitale Demenz“, welche die Konsequenzen des ewigen  scrollens gut beschreibt.

     

    Ich sehe meinen Sinn in Erfahrungen und Infos zu sammeln und weiterzugeben.


     

     

  • 19.07.25, 08:38

    Eine deutsche Leitkultur fehlt. 

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