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  • Offene Fragerunde: Verstehen wir Autismus besser

    Diskussion · 37 Beiträge · 8 Gefällt mir · 534 Aufrufe


    Mein Name ist Janosch, ich wurde am 28. Mai 1997 geboren und bekam in meiner frühen Kindheit die Diagnose Autismus. In dieser Diskussionsrunde möchte ich eine offene und wertfreie Möglichkeit bieten, Fragen zum Thema Autismus zu stellen.

    Viele Menschen haben Interesse an diesem Thema, wissen aber nicht, wen sie fragen sollen oder haben Hemmungen, direkt auf Autist:innen zuzugehen. Ich möchte hier eine Gelegenheit schaffen, in den Austausch zu kommen.

     

    Meine Antworten basieren auf meinen persönlichen Erfahrungen – denn Autismus ist vielfältig, und jeder Autist ist anders. Ich bin kein Psychologe, sondern teile meine eigenen Erlebnisse und Sichtweisen.

     

    Stellt eure Fragen, und ich beantworte sie so gut wie möglich!

    05.03.25, 11:32

Beiträge

  • 14.04.25, 18:49 - Zuletzt bearbeitet 14.04.25, 18:50.

     

    Colin:

     

    Katharina:

     

    Bitte, bitte keine eigendiagnose von Kindern. Schau einfach, was die kleine kann und womit sie Probleme hat. Ein Kind mithilfe einer Kategorie einschätzen zu wollen führt nur zu Frust und Vorurteilen darüber, wozu die Kleine in der Lage ist. 

    Es gibt so viele Autismusdiagnosen eben weil Autismus nicht in Schubladen passt und im Grunde genommen auch keine Krankheit ist.


    Wir vermuteten zunächst eine Persönlichkeitsstörung. Meine Tochter wurde in einer Kinderarztpraxis von Fachärzten getestet. Der Testprozess war mit zahlreichen Terminen verbunden.
     

    Ich würde mich nicht auf Informationen von Laien im Internet verlassen.

    Würde ich auch nicht-nie auf irgendwelche  Menschen hören, die nicht wissen was Autismus bedeutet und welche Form manche Menschen davon haben. 

     

    Alles Liebe 

  • 14.04.25, 15:14

     

    Katharina:

     

    Colin:

    Die viele Bezeichnung von Autismus ist für mich verwirrend. Sie scheint kürzlich geändert worden zu sein. Ich schaue mir gerade die verschiedenen Typen an, z. B.

     

    frühkindlichen Autismus

    atypischen Autismus

    Asperger-Sydrom

    hochfunktionaler Autismus

     

    Ich versuche nicht, jemanden in eine Schublade zu stecken, sondern versuche nur, die verschiedenen Aspekte/Verhaltensweisen zu verstehen, insbesondere, welche davon auf meine Tochter zutreffen.

     

    "Zwei Arten von Autismus

    Fachpersonen unterscheiden bei der Diagnose zwischen verschiedenen Autismus-Arten: dem frühkindlichen Autismus (Kanner Syndrom) und dem Asperger-Syndrom, das sich erst nach dem dritten Lebensjahr bemerkbar macht. Da sich Schweregrad und Symptome bei allen Autist:innen unterscheiden, gelten diese Begriffe jedoch als veraltet. Mittlerweile wird deshalb vom Autismusspektrum oder eben einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) gesprochen. Dass sich ASS sehr unterschiedlich äußern kann, macht eine Diagnose schwierig und vor allem: langwierig."

     

    Autismus: die andere Wahrnehmung der Welt I EnableMe

    Bitte, bitte keine eigendiagnose von Kindern. Schau einfach, was die kleine kann und womit sie Probleme hat. Ein Kind mithilfe einer Kategorie einschätzen zu wollen führt nur zu Frust und Vorurteilen darüber, wozu die Kleine in der Lage ist. 

    Es gibt so viele Autismusdiagnosen eben weil Autismus nicht in Schubladen passt und im Grunde genommen auch keine Krankheit ist.


    Wir vermuteten zunächst eine Persönlichkeitsstörung. Meine Tochter wurde in einer Kinderarztpraxis von Fachärzten getestet. Der Testprozess war mit zahlreichen Terminen verbunden.
     

    Ich würde mich nicht auf Informationen von Laien im Internet verlassen.

  • 14.04.25, 14:49

     

    Colin:

    Die viele Bezeichnung von Autismus ist für mich verwirrend. Sie scheint kürzlich geändert worden zu sein. Ich schaue mir gerade die verschiedenen Typen an, z. B.

     

    frühkindlichen Autismus

    atypischen Autismus

    Asperger-Sydrom

    hochfunktionaler Autismus

     

    Ich versuche nicht, jemanden in eine Schublade zu stecken, sondern versuche nur, die verschiedenen Aspekte/Verhaltensweisen zu verstehen, insbesondere, welche davon auf meine Tochter zutreffen.

     

    "Zwei Arten von Autismus

    Fachpersonen unterscheiden bei der Diagnose zwischen verschiedenen Autismus-Arten: dem frühkindlichen Autismus (Kanner Syndrom) und dem Asperger-Syndrom, das sich erst nach dem dritten Lebensjahr bemerkbar macht. Da sich Schweregrad und Symptome bei allen Autist:innen unterscheiden, gelten diese Begriffe jedoch als veraltet. Mittlerweile wird deshalb vom Autismusspektrum oder eben einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) gesprochen. Dass sich ASS sehr unterschiedlich äußern kann, macht eine Diagnose schwierig und vor allem: langwierig."

     

    Autismus: die andere Wahrnehmung der Welt I EnableMe

    Bitte, bitte keine eigendiagnose von Kindern. Schau einfach, was die kleine kann und womit sie Probleme hat. Ein Kind mithilfe einer Kategorie einschätzen zu wollen führt nur zu Frust und Vorurteilen darüber, wozu die Kleine in der Lage ist. 

    Es gibt so viele Autismusdiagnosen eben weil Autismus nicht in Schubladen passt und im Grunde genommen auch keine Krankheit ist.

  • 14.04.25, 14:31

     

     

     

    Autisten können schlechter kommunizieren, was in emotionalen Momenten noch stärker ausgeprägt ist. Jemandem oft einzubläuen, dass er etwas nicht tun soll, füht dazu, dass die Person bei kontrollverlust an diese Sache denkt, sie fast instinktiv macht, sich dabei dafür schämt und wie ein Versager fühlt, wodurch der emotionale Kontrollverlust noch stärker wird.

    Diesen teufelskreis hat die Person geschaffen, die in dem Autisten diese Scham durch Strafe und wiederholte Ansprachs verursacht hat.

    Gegenmittel ist, zu gehen und das Geschirrwerfen nicht zu erwähnen - ausser den Autisten freundlich zu bitten, das Geschirr zu spülen und das chaos zu beseitigen, das hilft die Scham weniger intensiv zu machen. Keiner will bei einem emotionalen Zusammenbruch beobachtet werden, auch keine Autisten.

  • 20.03.25, 10:57

    Schön dich kennelerne!

  • 19.03.25, 22:39 - Zuletzt bearbeitet 19.03.25, 22:39.

     

    Janosch:

     

    Luzie:

     

    Wäre für mich bereichernd. Hast du Erfahrungen mit Autisten, die Geschirr umherwerfen, wenn sie in einem Konflikt sind und nur so ihre Wut und Angst loslassen können?

     

     

    Tut mir leid, aber ich habe leider wenig Erfahrung mit Autisten dieser Art. Mein Fall ist eher so, dass ich, wenn ich wirklich gestresst oder wütend bin – auch wenn das sehr selten vorkommt – eher ruhiger als lauter werde. Allerdings merke ich, dass meine motorischen Fähigkeiten nachlassen, wenn ich starke Emotionen habe. Ich weiss nicht, ob dir das weiterhelfen kann.

    lieber janosch...ist sehr komplex. Vorallem wenn es um Menschen mit kognitiver Beeinträchtigungen geht...da ist es umso herausfordernder und anspruchsvoller...dies zu händeln.

    Danke trotzdem.

     

  • 19.03.25, 17:46

     

    Luzie:

     

    Janosch:

    Eine Frage an alle in dieser Diskussion:

     

    Würde es jemanden interessieren, wenn ich einen Video-Call über Teams, Zoom oder Discord anbiete? In diesem Gespräch könnten wir uns mündlich austauschen, Fragen stellen und beantworten.

     

    Falls Interesse besteht, lasst es mich wissen! Dann könnte ich so etwas planen. Vermutlich würde der Call eher am Wochenende stattfinden, da ich unter der Woche arbeite – wahrscheinlich am späten Nachmittag oder Abend.

     

    Ich freue mich auf eure Rückmeldungen! 😊

    Wäre für mich bereichernd. Hast du Erfahrungen mit Autisten, die Geschirr umherwerfen, wenn sie in einem Konflikt sind und nur so ihre Wut und Angst loslassen können?

     

     

    Tut mir leid, aber ich habe leider wenig Erfahrung mit Autisten dieser Art. Mein Fall ist eher so, dass ich, wenn ich wirklich gestresst oder wütend bin – auch wenn das sehr selten vorkommt – eher ruhiger als lauter werde. Allerdings merke ich, dass meine motorischen Fähigkeiten nachlassen, wenn ich starke Emotionen habe. Ich weiss nicht, ob dir das weiterhelfen kann.

  • 19.03.25, 17:35 - Zuletzt bearbeitet 19.03.25, 17:35.

     

    Janosch:

    Eine Frage an alle in dieser Diskussion:

     

    Würde es jemanden interessieren, wenn ich einen Video-Call über Teams, Zoom oder Discord anbiete? In diesem Gespräch könnten wir uns mündlich austauschen, Fragen stellen und beantworten.

     

    Falls Interesse besteht, lasst es mich wissen! Dann könnte ich so etwas planen. Vermutlich würde der Call eher am Wochenende stattfinden, da ich unter der Woche arbeite – wahrscheinlich am späten Nachmittag oder Abend.

     

    Ich freue mich auf eure Rückmeldungen! 😊

    Wäre für mich bereichernd. Hast du Erfahrungen mit Autisten, die Geschirr umherwerfen, wenn sie in einem Konflikt sind und nur so ihre Wut und Angst loslassen können?

  • 18.03.25, 18:05

    Eine Frage an alle in dieser Diskussion:

     

    Würde es jemanden interessieren, wenn ich einen Video-Call über Teams, Zoom oder Discord anbiete? In diesem Gespräch könnten wir uns mündlich austauschen, Fragen stellen und beantworten.

     

    Falls Interesse besteht, lasst es mich wissen! Dann könnte ich so etwas planen. Vermutlich würde der Call eher am Wochenende stattfinden, da ich unter der Woche arbeite – wahrscheinlich am späten Nachmittag oder Abend.

     

    Ich freue mich auf eure Rückmeldungen! 😊

  • 15.03.25, 12:46

     

    Tipps zur Kommunikation für Autisten

     

    Ich habe bemerkt, dass viele Menschen sich für das Thema Kommunikation interessieren – insbesondere dafür, wie ich als Autist damit umgehe. Ein großes Problem, das ich bei mir selbst und bei anderen Autisten sehe, ist, dass wir sehr viel denken. Wir nehmen Dinge oft voraus, haben bereits viele Gedanken im Kopf, bevor das Gespräch überhaupt beginnt. Das macht es für unseren Gesprächspartner manchmal schwierig, zu antworten, und es kann auch für uns selbst herausfordernd sein, aktiv in Gespräche einzusteigen.

    Deshalb habe ich mir überlegt, ein paar Tipps zu teilen, die mir geholfen haben, meine Kommunikation zu verbessern:

     

    1. Augenkontakt – aber auf eine angenehme Weise

     

    Für viele Autisten ist es schwer, jemandem in die Augen zu schauen. Ich hatte damit anfangs auch große Mühe. Ein Trick, der mir geholfen hat: Schau nicht direkt in die Augen, sondern auf den Bereich zwischen den Augen, also auf den oberen Teil der Nase. Das fühlt sich weniger unangenehm an und hilft dabei, den Augenkontakt zu üben, ohne sich überfordert zu fühlen.

     

    2. Zuhören und Gespräche beobachten

    Wenn es dir schwerfällt, aktiv an Gesprächen teilzunehmen, versuche erst einmal, bewusst zuzuhören. Setz dich neben eine Person oder in eine Gruppe, höre zu, worüber gesprochen wird, und versuche, das Thema nachzuvollziehen. Überlege dir dann, ob du etwas dazu sagen kannst. Es ist nicht schlimm, wenn du dich nicht in jedes Thema perfekt auskennst. Oft hilft schon eine einfache Frage oder eine kleine Bemerkung, um in ein Gespräch einzusteigen. Außerdem wird gutes Zuhören oft als wertvolle Eigenschaft geschätzt!

     

    3. Stress reduzieren – z. B. durch Meditation

     

    Kommunikation kann stressig sein, vor allem in sozialen Situationen mit vielen Menschen. Meditation hat mir persönlich sehr geholfen, besser mit Stress umzugehen. Es gibt viele kurze Atem- oder Entspannungsübungen, die dir helfen können, dich zu beruhigen und in schwierigen Momenten einen klaren Kopf zu behalten.

     

    4. Offenheit über Autismus – wenn es für dich passt

     

    Dieser Tipp ist individuell, aber mir hat er geholfen: Wenn du dich wohl damit fühlst, sprich mit deinem Arbeitgeber, deinen Freunden oder deinem Umfeld offen darüber, dass du autistisch bist. Das hilft anderen, dein Verhalten besser zu verstehen, und kann Missverständnisse vermeiden. Natürlich ist das eine persönliche Entscheidung, aber für mich war es ein großer Schritt, der vieles erleichtert hat.

     

    Ich hoffe, diese Tipps sind hilfreich für dich! Falls du Fragen hast oder eigene Erfahrungen teilen möchtest, freue ich mich über den Austausch.

     

  • 15.03.25, 11:37

    Die viele Bezeichnung von Autismus ist für mich verwirrend. Sie scheint kürzlich geändert worden zu sein. Ich schaue mir gerade die verschiedenen Typen an, z. B.

     

    frühkindlichen Autismus

    atypischen Autismus

    Asperger-Sydrom

    hochfunktionaler Autismus

     

    Ich versuche nicht, jemanden in eine Schublade zu stecken, sondern versuche nur, die verschiedenen Aspekte/Verhaltensweisen zu verstehen, insbesondere, welche davon auf meine Tochter zutreffen.

     

    "Zwei Arten von Autismus

    Fachpersonen unterscheiden bei der Diagnose zwischen verschiedenen Autismus-Arten: dem frühkindlichen Autismus (Kanner Syndrom) und dem Asperger-Syndrom, das sich erst nach dem dritten Lebensjahr bemerkbar macht. Da sich Schweregrad und Symptome bei allen Autist:innen unterscheiden, gelten diese Begriffe jedoch als veraltet. Mittlerweile wird deshalb vom Autismusspektrum oder eben einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) gesprochen. Dass sich ASS sehr unterschiedlich äußern kann, macht eine Diagnose schwierig und vor allem: langwierig."

     

    Autismus: die andere Wahrnehmung der Welt I EnableMe

  • 15.03.25, 11:22

     

    Janosch:

     

    Ich kenne deine Tochter natürlich nicht, aber mein Rat wäre: Beobachte sie, lass sie ihren eigenen Weg gehen und unterstütze sie, wenn sie Hilfe braucht. Hab keine Angst, dass sie etwas nicht schafft – gib ihr Raum, sich zu entwickeln.

    Die Menschheit ist nicht die schnellste, stärkste oder klügste Spezies, aber sie ist die anpassungsfähigste. Das gilt auch für Autisten. Wir brauchen vielleicht länger, um uns anzupassen, aber das Wichtige ist, dass diese Anpassung freiwillig geschieht und nicht erzwungen wird.

     

     

    Da stimme ich nicht ganz zu. Ja, sie muss lernen, sich selbst zu entwickeln.

    Wir als Eltern sind nicht dazu da, unsere Kinder glücklich zu machen, sondern ihre Widerstandsfähigkeit zu stärken.  Wir haben auch die Pflicht, sie vor bestimmten Umgebungen/Personen zu schützen. Viele (nicht alle) Autisten haben Probleme, soziale Kontakte zu knüpfen. Wenn man einem autistischen Teenager zu viel Freiheit lässt, besteht die Gefahr, dass er/sie mit den falschen Leuten in Kontakt kommt. Ich denke, es ist besser, zu versuchen, Fähigkeiten (Gesichtserkennung, Körpersprache) zu entwickeln, damit sie sozial kompetenter sind, als Autistisch Teenagern einfach völlige Freiheit zu gewähren.

  • 15.03.25, 11:02

     

     

    Janosch:

     

    Colin:

     


    Bei einer meiner Töchter (17) wurde vor Kurzem Autismus diagnostiziert, deshalb versuche ich auch, das zu verstehen.

     

    https://www.youtube.com/watch?v=DQtbPBkU4mA


     

    https://www.youtube.com/watch?v=NzmOlJ0ADUg&list=PL-ILYwFTteVvgz6FYF4hgTHVPnWZXnQVC&index=1&pp=iAQB

     

    Ich habe mir beide Videos angesehen und muss leider sagen, dass sie genau das widerspiegeln, was ich oft sehe: starkes Schubladendenken. Die dargestellten Punkte mögen auf manche Autisten zutreffen, aber keinesfalls auf alle.

    Zum Beispiel stimmt die Aussage, dass Autisten Schwierigkeiten mit sozialem Kontakt und Freundschaften haben, für mich überhaupt nicht – zumindest heute nicht mehr. Ich komme sehr schnell mit Menschen in Kontakt und kann mich sogar besser unterhalten als viele meiner nicht-autistischen Kollegen. Das mag für manche als Widerspruch zum Autismus erscheinen, aber genau das zeigt, wie individuell Autismus ist.

    Das Problem ist, dass viele Menschen ihr Wissen über Autismus nur aus Büchern oder aus den Medien beziehen und diese Stereotypen dann als allgemeingültig ansehen. Es gibt einen bekannten Spruch in der Autismus-Community: "Kennst du einen Autisten, kennst du einen Autisten." Und genau so ist es.

    Ich kenne deine Tochter natürlich nicht, aber mein Rat wäre: Beobachte sie, lass sie ihren eigenen Weg gehen und unterstütze sie, wenn sie Hilfe braucht. Hab keine Angst, dass sie etwas nicht schafft – gib ihr Raum, sich zu entwickeln.

    Die Menschheit ist nicht die schnellste, stärkste oder klügste Spezies, aber sie ist die anpassungsfähigste. Das gilt auch für Autisten. Wir brauchen vielleicht länger, um uns anzupassen, aber das Wichtige ist, dass diese Anpassung freiwillig geschieht und nicht erzwungen wird.

     


    Danke für deine Antworten, Janosch. Nur um das klarzustellen: Ich weiß, dass es viele verschiedene Arten von Autismus gibt und jeder Person anders ist. Deshalb habe ich dich speziell gefragt, wie es bei dir ist. Ich hatte nicht erwartet, dass du allgemeine Antworten gibst, die für alle Autisten gelten.

     

  • Autisten sind sicher ganz weit da, wo sie sich schützen müssen.

    Und deshalb den Bezug zu Menschen verlieren müssen.

     

    Polarität von Nähe und Autonomie

    Die topische Bipolarität besteht aus der Polarität von

    • Nähe und Bindung: das Bedürfnis nach Verbundenheit (Bindungsbedürfnis, repräsentiert durch das sogenannte „Bindungssystem“ im Gehirn)
    • Autonomie und Freiheit: das Bedürfnis nach Wachstum und Potenzialentfaltung (Autonomiebedürfnis, repräsentiert durch das sogenannte „Neugiersystem“ im Gehirn)
  •  

    Janosch:

     

    Fritz:

    Kennst du das Buch "Ich will kein inmich mehr sein" von Birger Sellin?

     

    Nein kenne ich nicht, klingt sehr spannend.

    Botschaften aus einem autistischen Kerker:

     

    Der Titel dieses Buches beschreibt eigentlich auch schon den Inhalt. Der Hauptteil besteht aus eben diesen Botschaften, die Birger Sellin - ein Autist - mithilfe gestützter Kommunikation verfasst hat. Er hat sein Leben lang nicht gesprochen, nicht geschrieben, es gab kaum Kommunikation von ihm zur Außenwelt. 1990 mit 17 Jahren lernt er dann mithilfe seiner Familie kurze Botschaften mit einem Finger zu tippen. Die Eltern sind überglücklich und Birger macht ständige Fortschritte, was Länge und Häufigkeit dieser Nachrichten angeht. Aber es ist ein Auf und Ab, schwierig für Birger und alle um ihn herum.
    Am Anfang des Buches gibt es eine ausführliche Einleitung zu Birgers Leben und Autismus, von einem Journalisten geschrieben.

    Ich finde dieses Buch vor allem unglaublich mutig. Birger öffnet sich fast komplett, um mehr Verständnis für stumme Autisten wie ihn selbst zu schaffen. In den kurzen Texten sind so viele offene, ehrliche und auch rohe Emotionen zu erkennen, die die wenigsten sich zu zeigen trauen. Birger will ein Botschafter für die stummen Autisten sein und erklärt so viel von seiner dürftigen Beziehung zur Außenwelt, dass es manchmal schwer zu verdauen ist. Er sagt, wie gut ihm ein einziger freundlicher Blick tut und wie sehr es ihn schmerzt, wenn andere ihn bei einem Schreianfall anstarren. Birger legt sein Wissen vom Lesen und Zuhören dar, er zeigt wie sehr er die Welt versteht, auch wenn es nicht immer so scheint, und erzählt von Leid und Schmerz, der immerwährenden Angst in ihm, und dem Glück, das er erfährt.
    Die Schönheit dieser Texte liegt nicht in ihrer Form, sondern in ihrem Inhalt. Mehr Gefühle als man manchmal verkraften kann, werden komprimiert auf einzelne Worte wie "inmich", "ohnemich" oder "Kastenwesen". Sie beweisen, wie falsch Menschen liegen, die glauben Autisten seien grundsätzlich nicht intelligent oder gar gefühlslos. Nicht nur Erfahrungen aus dem Leben eines Autisten, sondern auch zutiefst philosophische Überlegungen über unsere Welt finden sich in diesem Buch wieder.

    Birger Sellins Buch ist ganz sicher nicht einfach zu lesen. Damit meine ich nicht fehlende Satzzeichen und Wortneuschöpfungen, sondern vielmehr die Gefühle, die einen förmlich überwältigen beim Lesen. Diese Texte und dieses Buch sind etwas sehr Wertvolles.

  • 14.03.25, 22:17

     

    Colin:

     

    Fritz:

    Kannst du das Leiden der Menschen mit autismus beschreiben? Woran und wie leiden sie, also aus ihrer eigenen sicht? wie sehen sie die welt, beängstigend, motivierend oder leer? Was ist ein guter tag für einen autisten? was ist schlimm für ihn? wie ist es mit Sexualität, Partnerschaft, freunden?


    Bei einer meiner Töchter (17) wurde vor Kurzem Autismus diagnostiziert, deshalb versuche ich auch, das zu verstehen.

     

    https://www.youtube.com/watch?v=DQtbPBkU4mA


     

    https://www.youtube.com/watch?v=NzmOlJ0ADUg&list=PL-ILYwFTteVvgz6FYF4hgTHVPnWZXnQVC&index=1&pp=iAQB

     

    Ich habe mir beide Videos angesehen und muss leider sagen, dass sie genau das widerspiegeln, was ich oft sehe: starkes Schubladendenken. Die dargestellten Punkte mögen auf manche Autisten zutreffen, aber keinesfalls auf alle.

    Zum Beispiel stimmt die Aussage, dass Autisten Schwierigkeiten mit sozialem Kontakt und Freundschaften haben, für mich überhaupt nicht – zumindest heute nicht mehr. Ich komme sehr schnell mit Menschen in Kontakt und kann mich sogar besser unterhalten als viele meiner nicht-autistischen Kollegen. Das mag für manche als Widerspruch zum Autismus erscheinen, aber genau das zeigt, wie individuell Autismus ist.

    Das Problem ist, dass viele Menschen ihr Wissen über Autismus nur aus Büchern oder aus den Medien beziehen und diese Stereotypen dann als allgemeingültig ansehen. Es gibt einen bekannten Spruch in der Autismus-Community: "Kennst du einen Autisten, kennst du einen Autisten." Und genau so ist es.

    Ich kenne deine Tochter natürlich nicht, aber mein Rat wäre: Beobachte sie, lass sie ihren eigenen Weg gehen und unterstütze sie, wenn sie Hilfe braucht. Hab keine Angst, dass sie etwas nicht schafft – gib ihr Raum, sich zu entwickeln.

    Die Menschheit ist nicht die schnellste, stärkste oder klügste Spezies, aber sie ist die anpassungsfähigste. Das gilt auch für Autisten. Wir brauchen vielleicht länger, um uns anzupassen, aber das Wichtige ist, dass diese Anpassung freiwillig geschieht und nicht erzwungen wird.

     

  • 14.03.25, 22:08

     

    Colin:

    welche Vorteile hat dein Autismus (z. B. höhere Intelligenz, größere Detailgenauigkeit usw.)

    Auf diese Frage muss ich ähnlich antworten wie zuvor: Es gibt keine allgemeine Regel, in welchen Bereichen Autisten Vorteile haben.

    Ich zum Beispiel bin extrem stark in der Kommunikation, kann gut auf Menschen zugehen und mich mit ihnen unterhalten – was oft als Widerspruch zum Autismus gesehen wird. Andere Autisten haben wiederum ein großes Talent für Kunst, ein ausgezeichnetes Gedächtnis oder eine besondere Begabung in Mathematik.

    Aber das trifft nicht auf alle zu. Ich selbst mag Mathematik, bin aber kein Experte darin. Dafür kenne ich Menschen mit einem außergewöhnlich guten fotografischen Gedächtnis.

    Genauso wie Menschen allgemein unterschiedlich sind, sind es auch Autisten. Jeder hat seine eigenen Stärken. Eine einfache, allgemeingültige Antwort gibt es nicht – aber genau das macht das Leben spannend.

  • 14.03.25, 22:04

     

    Colin:

    Welche Auswirkungen von Autismus erlebst du, mit denen Menschen ohne Autismus normalerweise keine Probleme haben?

    z.B. Geräusche, Lichter, Gerüche, kleine Änderungen in der Routine usw.

    Diese Frage basiert auf einer verbreiteten Annahme, dass Autisten besonders empfindlich auf Gerüche, Licht oder laute Umgebungen reagieren. Zwar trifft das auf viele zu, aber nicht auf alle.

    Ich habe weiter oben erwähnt, dass ich Probleme mit Menschenmengen habe. Doch das geht auch vielen Nicht-Autisten so – manche fühlen sich einfach in engen oder überfüllten Räumen unwohl, ohne autistisch zu sein.

    Wie ich schon sagte: Jeder Autist ist anders. Es gibt nicht die eine Eigenschaft, die uns grundsätzlich von Nicht-Autisten unterscheidet. Manche haben mehr Mühe mit Reizüberflutung, andere weniger. Deshalb kann ich darauf keine allgemeingültige Antwort geben – am Ende bin ich einfach ich

  • 14.03.25, 22:00

     

    Colin:

    Welche Veränderungen hast du in deinem Leben vorgenommen, die es einfacher gemacht haben, mit Autismus zu leben?

     

    Was mein Leben einfacher gemacht hat, ist schwer zu beantworten, da ich nicht genau weiß, worauf du dich beziehst.

    Auf jeden Fall hat es mir sehr geholfen, alleine zu wohnen. So kann ich mein Leben nach meinen eigenen Bedürfnissen strukturieren. Auch Meditation hat mir viel gebracht, um mit meinen Herausforderungen besser umzugehen. Ich habe viel zu diesen Themen gelesen und mir viele Gedanken gemacht.

    Letztendlich gibt es aber keine allgemeine Antwort darauf. Für mich war eine wichtige Erkenntnis, dass ich mich nicht ständig verstellen muss – sondern einfach ich selbst sein darf.

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