Das Unglück vom Reschensee

Wer schon mal in Süditalien (Gemeinde Graun) war, wird der aus dem See herausragende Kirchenturm schon mal aufgefallen sein. Ich war am 17.08.2025 dort und erfuhr erstamls von der traurigen Geschichte dahinter.
Alles begann bereits Mitte des 19. Jahrhunderts durch eine Studie zur Nutzung der Wasserkraft im oberen Vinschgau. Ein aus Graun stammender Ingenieur verwirklichte seine Pläne, den Mittersee auch Graunersee genannt, sowie den Auslauf des Karlinbaches zu sanieren. Aufgrund der im Jahr 1855 erfolgten Naturkatastrophe (Bruch der Schläusen) wurden mehrere Ortschaften verwüstet und das Projekt fand erst 1858 sein Ende.
Zur Zeit der österreichischen Monarchie, um 1911 herum, gab es von einem Münchner Geologen weitere Pläne zur Errichtung eines Stausees. Erst nach dem ersten Weltkrieg im Jahr 1920 wurden diese Pläne wieder aufgegriffen, sodass der Reschen- und Mittersee um jeweils 5 Meter aufgestaut werden sollen. Die Orte Grauen und Reschen wären nicht gefährdet gewesen, zur Umsetzung kam es jedoch nicht. Ab 1937 forcierte die faschistische Regierung das Vorhaben erneut. Mit einem neuen weitaus gefährlicheren Projekt des Chemiekonzern „Montecatini“ ermächtigte das römische Ministerium den Bau.
Die Änderungen des neuen Projekts umfasste die Stauung der ursprünglichen 5m auf 22m, was den Untergang beider beider Ortschafte zur Folge haben würde. Die Bevölkerung wurde weder ordentlich informiert noch eingebunden und es kam zur Enteignung im „nationalen Interesse zur Stärkung der nationalen Industrie“. Der Baubeginn war 1940. Durch den zweiten Weltkrieg und der Besatzung 1943 der deutschen Wehrmacht in Norditalien, glaubte die Bevölkerung das Vorhaben wäre zu Ende, jedoch wurden die Bauarbeiten 1947 vom Konzern wieder aufgenommen. Sämtliche Versuche das Vorhaben zu verhindern, scheiterten.
Im Sommer 1950 wurden die Schläusen geöffnet, der Reschensee und Mittersee vereint und das Dorf Graun sowie ein Großteil von Reschen wurden überflutet.

Das Ausmaß der Aufstauung:
667ha vernichtet
163 Häuser und ca. 150 bäuerliche Betriebe überflutet
70% der Bevölkerung sind ausgewandert und 70% weniger Nutztiere werden gehalten
22 Menschen gestorben (Linienbus mit 23 Personen stürzte in den See)